Warum man Matratzen-Frage nur ganz individuell klaren kann
Fruher schliefen Menschen so, wie es manche Dschungel-Bewohner noch heute tun. Zu mehreren kuschelten sie sich in einer Hohle auf zusammengescharrten Blatter- oder Reisighaufen zusammen. Spater benutzten sie mit Gras, Blattern, Zweigen, Getreidehulsen oder Fellen ausgestopfte Tierhaute als Matratze. Von persischen Nomaden wissen wir, dass sie auf mit Wasser gefullten Matratzen aus Ziegenhauten schliefen.
Heute und bei uns ist das naturlich alles anders. Es gibt keine optimale Universal-Matratze fur jedermanns Schlaf! Je nach Korperbau, Geschmack, Wohnverhaltnissen, Schlafklima und eigenem sensitivem Empfinden mu? optimale Matratze von jedem individuell gefunden werden.
Im Folgenden wollen wir wichtigsten Matratzen kurz vorstellen:
Federkernmatratzen - Matratzen mit Federkernen aus Metall
Matratzen mit Federkernen bestehen in Ihrem Inneren aus einem Geflecht meist feuerverzinkter Stahlfedern. Der Federkern wird von Polstermaterialien wie Wolle, Baumwolle, Gaze aus Polyester oder Schaumstoffmaterial umhullt. Ihr Inneres ist recht luftig, Atmungsaktivitat ist daher meist gut.
Man unterscheidet se Matratzen in solche mit dem taillierten Bonnell®-Federkern, denen mit dem in einzelne Taschen eingenahten Taschenfederkern oder solchen mit dem sogenannten GR-Federkern aus endlos aneinander gereihten Federkorpern. Federkernmatratzen zahlen zu den derzeit noch am meisten verkauften Matratzen (Produktion BRD 2002: 5,08 Mio Stuck). Sie sind realtiv gunstig und universell handhabbar, da sie fast auf jeden Unterbau gelegt werden konnen. Fachkreise bemangeln aber mangelnde Punktelastizitat und wie Antennen funktionierenden Metallspiralen.
Weitere Infos: Matratzen-Galerie
Latexmatratzen - Matratzen mit Kautschuk-Schaumfullung
Naturlatex stammt aus den Saften des tropischen Kautschukbaumes 'Hevea Brasiliensis'. Latex wird unter Zusatz von Schwefel und Alterungsschutzmitteln in Stahlformen mit Kuhlstiften aufgeschaumt und bei Temperaturen um 100° C wie ein Kuchen gebacken (vulkanisiert).
Es gibt Matratzen mit Stiftlatex, der kleine Hohlraume mit einem Durchmesser von ca. 6 mm aufweist und den Kavernenlatex mit deutlich gro?eren Hohlraumen. Durch se Beluftungsanordnung wird fur eine gute Warmeisolation und ausreichenden Feuchtigkeitstransport gesorgt. Punktelastizitat, welche fur Korperanpassung verantwortlich ist, ist bei Latexmatratzen weitgehend optimal.
Matratzen mit Latexfullung sind recht hygienisch und staubfrei. Das Liegeverhalten reicht von eher schwabbelig bis ziemlich fest. Probeliegen ist angesagt! Durch Lichtempfindlichkeit muss ses Material vor UV-Strahlen geschutzt werden, da es sonst schnell altert und zerfallt. Deshalb mussen Matratzen aus Latex gut mit Hullenstoffen abgedeckt werden. Fur Latexmatratzen braucht man einen speziell fur sie geeigneten Lattenrost mit eng stehenden Leisten.
Viele Latexmatratzen bestehen aus einer Mischung von Naturlatex und Synthese-Latex. Reine Naturlatexmatratzen sind relativ selten. Um all se Matratzen besser unterscheiden zu konnen wurde 1995 der Qualitatsverband umweltvertragliche Latexmatratzen (QUL) gegrundet. Der QUL vergibt Qualitatssiegel an geprufte Naturlatex-Matratzen. Produktion Latex-Matratzen in der BRD 2002: 0,9 Mio Stuck.
Weitere Infos: Matratzen-Galerie
Kaltschaummatratzen - Matratzen mit synthetischer Kaltschaumfullung
Kaltschaummatratzen sind in etwa mit dem Liegeverhalten von Latexmatratzen zu vergleichen. Bei Kaltschaum handelt es sich aber um einen Polyetherschaumstoff, der im Blockschaumverfahren mit Luft bei niedrigen Temperaturen geschaumt und anschlie?end in passende Gro?en zerschnitten wird. Daher lassen sich hiermit viele Formen und Gro?en sehr einfach herstellen.
Kaltschaum hat eine unregelma?ige, grobe und offenzellig Porenstruktur. Daher ruhrt seine hohe Feuchtigkeits-Durchlassigkeit und seine Atmungsaktivitat. Er ist elastisch und federt eher passiv, d.h. das Liegeverhalten auf einer Kaltschaummatratze ist weniger schwabbelig wie bei einer Matratze aus Naturlatex.
Kaltschaum ist unter den synthetischen Schaumstoffen das wertvollste Material. Im Vergleich zu den sogenannten Hei?schaumen wird er nicht mit Gasen und bei hohen Temperaturen sondern mit Luft und eben kalt geschaumt und ist daher gesundheitlich relativ unbedenklich. Wie bei Latexmatratzen braucht man auch bei Kaltschaummatratzen einen speziell fur sie geeigneten Lattenrost mit eng stehenden Leisten. Produktion Kaltschaum-Matratzen in der BRD 2002: 1,5 Mio Stuck.
Wasserbetten - Matratzen mit Wasserfullung
Das heutige Wasserbett wurde in den 1960er Jahren in Amerika neu entwickelt. - Und wurde bald schon zum Kult. Wasser ist nicht komprimierbar. Wasser passt sich vollkommen der Belastungsverteilung an. Es gewahrleistet eine druckfreie Lagerung von Wirbelsaule, Schulter- und Huftknochen. Durch den geschlossen Wasserkern ist eine hinreichende Durchluftung nur durch separate Auflagen erreichbar.
Fur ein Wasserbett in 200/180 cm braucht man je nach Bauart 500 bis 840 Liter Wasser (= 500 - 840 kg Gewicht!). Das Wasserbett wird durch eine thermostatgesteuerte Heizung kontinuierlich temperiert. Das Heizelement muss gegen Uberhitzung abgesichert und so abgeschirmt sein, dass keine elektromagnetische Strahlung entstehen kann. Seriose Systeme sind mit dem CE-Kennzeichen und dem Gutesiegel des TUV versehen.
Es gibt Hardside- und Softside-Systeme. Das Softside-System kann in viele herkommliche Betten eingebaut werden. Der Wasserkern liegt in einem Rahmen aus Schaumstoff, der durch Holzleisten fixiert wird. Das preisgunstigere Hardside-System hat einen festen - eigenen - Bettrahmen.
Manchen Menschen bereitet der Wellengang eines Wasserbetts Schwierigkeiten. Es gibt daher auch "wellenberuhigte" Wasserbetten mit weniger Wasser und mehr Schaumstoff im Kern. Wasserbetten mussen fachmannisch aufgebaut (Statik, Gewicht, Auslauf-Sicherheit!) und regelma?ig gewartet (Wasseraufbereitung, Heizung) werden. Produktionszahlen werden noch nicht erfa?t.
Luftbetten - Matratzen mit Luftfullung
Luftbetten sind recht neue Antwort auf Wasserbetten. Luft ist jedoch komprimierbar, sie mu? also gepre?t werden. Luftbetten funktionieren im Prinzip wie bessere Luftmatratzen.
Luftbetten sehen rein au?erlich wie 'normale' Matratzen aus. In ihrem Inneren befinden sich aber Zellkerne mit Luft durch ein mitgeliefertes Pumpsystem gefullt werden. Der Luftdruck kann jederzeit individuell angepa?t werden. Luftbetten brauchen keine Heizung und funktionieren auch ohne angeschlossene Pumpe.
Luftbetten passen in jedes vorhandene Bettsystem. Durch den geschlossenen Luftkern ist eine hinreichende Durchluftung - wie beim Wasserbett - jedoch nur durch separate Auflagen erreichbar. Seriose Systeme sind mit dem CE-Kennzeichen und dem Gutesiegel des TUV versehen. Produktionszahlen werden noch nicht erfa?t.
Futons / Naturmatratzen - Matratzen mit Naturfaserfullungen
Futons kommen aus Fernost, genauer aus Japan. Ein Futon ist eine aus mehreren Schichten reiner Baumwolle zusammenlegbare Matratze und ist im Original eine recht archaisch harte Angelegneheit. Im Zen-Buddhismus soll man ja bekanntlich so hart als moglich schlafen, damit man auch wirklich nur dann schlaft, wenn man hundemude ist.
Futons hierzulande haben mit den japanischen Erzeugnissen nur noch wenig gemein. Sie wurden den hiesigen Schlafbedurfnissen sehr angepasst. Europaische Futons bestehen heute aus verschiedenen Kombinationen von Fullstoffen, wie Schafschurwolle, Latex, Ro?haar, Kapok und Kokosfasern. Man liegt insgsamt aber immer noch eher hart bis fest.
Der gro?e Futon-Hype war in den 1980er Jahren. Vor allem bei Studenten mit wenig Platz waren sie als kombinierbare Liege- und Sitzgelegnheit mit asiatisch-buddhistischem Ambiente beliebt. Heute verwischen sich Grenzen immer mehr. Futons sind inzwischen alles Mogliche zwischen Natur- und Latexmatratze. Produktionszahlen werden nicht erfa?t.
Wollmatratzen - Matratzen mit Fullung aus Schurwolle
Bei Wollmatratzen nt Schafschurwolle als Fullung. Au?erlich gleichen sie oft den Futons. Reine Schurwolle besitzt naturliche Fahigkeit, Korperfeuchtigkeit in ihren Kapillaren aufzunehmen und se wieder an Au?enluft abzugeben. Naturbelassene (nich vollig entfettete) Wolle wirkt mit ihrem naturlichen Wollfett (Lanolin) zudem antibakteriologisch.
Wollmatratzen fungieren meist als Matratzenauflagen bei Dual-Matratzen-Systemen in Kombination mit Latex- oder Kaltschaummatratzen. Sie gelten als Nachfolger des etwas aus der Mode gekommenen 'Unterbetts'. Sie sorgen fur ein trockenes, temperiertes Schlafklima. Da Schafwolle aber leicht filzt mu? eine solche Matratze gut geluftet und regelma?ig gewendet werden. Produktion Woll-Matratzen in der BRD 2002: 66.000
Ro?haarmatratzen - Matratzen mit Fullung aus Ro?haar
Ro?haare sind elastisch und entwickeln eine gute Fullkraft. Das ursprunglich glatte Rosshaar wird in einer speziellen Behandlung gekrauselt und miteinander versponnen, wodurch eine starke Sprungkraft erreicht wird. Rosshaar kann viel Feuchtigkeit aufnehmen (bis zu 25% des Eigengewichtes). Ro?haarmatratzen sind sehr atmungsaktiv.
Ro?haar-Matratzen eignen sich besonders fur warme Jahreszeit und fur Leute sehr viel schwitzen. Das Liegeverhalten ist eher fest. Solche Matratzen werden von Hand hergestellt und sind - wegen des knappen Materials und der aufwendigen Verarbeitung - relativ teuer. Spannkraft des Ro?haares verliert sich mit der Zeit. Viele Matratzen werden deshalb so gefertigt, da? sie jederzeit nachgefullt werden konnen. Produktionszahlen werden noch nicht erfa?t.
Sonstige Matratzen aus anderen Materialien
Daruberhinaus gibt es noch eine Vielzahl anderer Matratzen, wie etwa:
Dual-/Duo-Matratzen: Matratzen aus zwei verschiedenen, ubereinander liegenden Matratzen ein Liegesystem ergeben. untere Matratze (i.d.R. Latex oder Kaltschaum) ubernimmt Flexibilitat, obere Matratze (i.d.R. Wolle, Baumwolle, Naturfaser) Klimaregulierung. Findet man im gehobenen Preissegment.
Strohkernmatratzen: Der Kern der Matratze besteht aus gepresstem, kieselsaurehaltigem Roggenstroh. Hart bis sehr hart im Liegen.
Kapokmatratzen: Der Kern der Matratze besteht aus den Fasern des Kapokbaumes. Fest bis hart im Liegen.
Kokosfasermatratzen: Der Kern der Matratze besteht aus den Fasern der Kokosnu?. Fest bis hart im Liegen.
Kokoslatexmatratzen: Der Kern der Matratze besteht aus den Fasern der Kokosnu?, mit Latex vulkanisiert werden. Das ergibt eine mittelfest elastische Konsistenz. Sehr atmunksaktiv. Mittelfest bis fest im Liegen. Wird auch viel in Autositzen verwendet. Gut auch fur Kindermatratzen.
Spelzmatratzen: Matratzen werden mit einer Einschutte aus z.B. Dinkelspelz (das sind Schalen des Dinkelkorns) hergestellt. Der Spelz pa?t sich, wie weicher Sand, der Korperform an. Bereitet aber dadurch gern Probleme beim Umdrehen. Eher Fest im Liegen, kein Federverhalten.
Matratzen - Mythen, Lugen, Schauermarchen
Bandscheibenmatratzen: Matratzen mit Bandscheiben gibt es nicht. Matratzen, den Bandscheiben gut tun erst recht nicht. Wer Bandscheibenprobleme hat, mu? zum Orthopaden. Ein Bandscheibenvorfall ist kein Zuckerschlecken. Muskulatur des Ruckens starkt man am Besten mit regelma?iger, sanfter Gymnastik.
Rheumamatratzen: Matratzen mit Rheuma??? Quatsch. Aber Matratzen, gegen Rheuma gut sind, gibt es nicht. Wer Rheuma hat, mu? zum Arzt. Rheuma hat viele Ursachen auch genetische und ernahrungsbedingte. Muskulatur rund um Gelenke starkt man am Besten mit regelma?iger Bewegung.
Allergikermatratzen:Matratzen, gegen Allergien gut sind, gibt es ebenfalls nicht. Wer Porbleme mit einer Allergie hat, mu? zum Allergologen um erstmal herauszufinden, wie und auf was er allergisch reagiert. Es gibt tausende Allergene und damit viele stoffliche (und aber auch psychologische) Ursachen fur eine Allergie. Allergien im Schlafbereich sind ein sehr komplexes Thema. Eine Allergie ist schlimm und sehr gemein, fur den, der sie hat. Blode Werbespruche helfen da wirklich nicht weiter und sind allesamt sowohl hochgradig fahrlassig als auch unserios.
Schlaffordernde Matratzen: Matratzen, den Schlaf fordern gibt es nicht. Nur Mudigkeit, also etwa unsere Hormone, das Absinken der Korpertemperatur und unsere innere Uhr fordern den Schlaf. Matratzen konnen uns aber sehrwohl den Schlaf rauben: Matratzen konnen quietschen, quetschen, drucken, wackeln, stinken, Luftzufuhr verhindern oder Gifte ausstrahlen... Eine Matratze ist dann gut fur uns, wenn sie uns so wenig wie moglich tut.
Fazit
Wenn uns eine Matratze nicht am Schlafen stort, ist schon viel gewonnen! Eine gute Matratze tut das. Mehr wundersame Hoffnungen braucht es nicht. individuell zu uns passende Matratze ist wichtig aber auch wieder nur ein Baustein in unserem ganzen Schlaf-System. Ausgiebeiges Probeliegen im Fachgeschaft ist angesagt. - Es ist nicht immer leicht, beste Matzratze fur sich selbst zu finden. Da braucht es schon manchmal etwas Zeit und Nerven. Wenn wir aber eine Matratze gefunden haben, unseren eigenen Schlafbedurfnissen und unserem personlichen Liegekomfort moglichst nahe kommt, dann darf man sich schon sehr, sehr glucklich schatzen.
Produktionszahlen wurden vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ermittelt.
|